Der erste Computer der Welt: Wer war der Erfinder des Computers?
Der Computer prägt wie kaum ein anderes Gerät die moderne Gesellschaft. In den 70er und 80er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts kamen in Unternehmen und Forschungseinrichtungen immer mehr solcher Rechner zum Einsatz. In den 90er Jahren setzen sie sich dann auch in Privathaushalten durch. Mittlerweile tragen fast alle Menschen einen kleinen Mini-Computer in der Hosentasche bei sich – in Form des Smartphones. Der Computer prägt die Wirtschaft, die Freizeitgestaltung und die Kommunikation. Die Digitalisierung ist in aller Munde.
Viele Menschen gehen davon aus, dass es sich hierbei um eine neue Erfindung handelt. Der erste Computer der Welt ist jedoch bereits vor vielen Jahrzehnten erstellt worden. Allerdings ist es gar nicht so einfach, festzulegen, welcher der vielfältigen Erfindungen, die in diesem Bereich entstanden, dieser Titel gebührt. In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, welches das erste Gerät war, auf das diese Bezeichnung zutrifft – und damit verbunden, wer der Erfinder des Computers war.
Erster Computer: eine Frage der Definition
In der Einleitung haben wir dargelegt, dass es nicht einfach ist, genau zu bestimmen, welches der erste Computer der Welt war. Bevor wir uns dieser Frage annähern, ist es deshalb sehr wichtig, zu klären, worin dieses Problem besteht.
Die erste Frage, die sich hierbei stellt, besteht darin, ob man nur funktionstüchtige Geräte bewertet oder ob auch theoretische Entwürfe zählen, die jedoch nicht oder nur fehlerhaft in die Praxis umgesetzt werden konnten. In dieser Hinsicht beschränken wir uns auf die tatsächlich umgesetzten Modelle. Wir suchen daher nicht nach dem ersten theoretischen Modell für den Computer, sondern nach dem ersten digitalen Rechner, der auch funktionstüchtig war.
Die zweite wichtige Frage besteht darin, wie man einen Computer überhaupt definiert. Hierfür gibt es nämlich keine allgemeingültige, von allen Forschern anerkannte Definition. Die Entwicklung verlief hierbei schrittweise. Zuerst entstanden mechanische Rechenmaschinen und Speichersysteme. Diese weisen ohne Zweifel bereits einige Merkmale eines Computers auf. Dennoch sind hierbei viele Funktionen eines modernen Rechners nicht gegeben, sodass man diese kaum als Computer bezeichnen kann. Dafür ist es notwendig, dass sich das Gerät programmieren lässt. Daraus folgt, dass es je nach verwendetem Programm unterschiedliche Funktionen ausführen kann – es handelt sich demnach um einen Universalrechner. Manche Stimmen sagen, dass dies bereits ausreicht, um von einem Computer zu sprechen. Andere Wissenschaftler gehen hingegen davon aus, dass hierfür noch weitere Merkmale erfüllt sein müssen. Da diese Frage nicht eindeutig geklärt ist, gibt es auch unterschiedliche Meinungen dazu, welches der erste Computer war.
Die Vorläufer
Wir haben bereits dargelegt, dass die Entwicklung des Computers ein allmählicher Prozess war. Es gab nicht einen einzigen Erfinder, der das Gerät von Grund auf gebaut hat. Verschiedene Techniken und theoretische Modelle, die hierbei eine Rolle spielten, waren bereits Jahrzehnte zuvor aufgekommen. Deshalb ist es sinnvoll, zunächst kurz auf diese Vorläufer einzugehen. Das zeigt anschaulich, wie diese Entwicklung Schritt für Schritt stattfand.
Erste Lochkartensysteme
Die Entwicklung der Lochkarte hatte einen großen Einfluss auf die Erfindung der ersten Computer. Diese dienten hierbei als Speichermedium für die Programmierung. Das Programm wurde auf eine Lochkarte übertragen und dann auf dem Computer ausgeführt. Bereits im 18. Jahrhundert kamen Lochkarten für die Steuerung von Webstühlen zum Einsatz. Diese bestanden jedoch aus Holz und waren daher sehr aufwendig anzufertigen. Einen wichtigen Schritt stellte die Verwendung von Lochkarten aus Karton dar. Diese wird dem französischen Erfinder Joseph-Marie Jacquard zugeschrieben, der auf diese Weise den 1805 entwickelten Jacquardwebstuhl steuerte. Bis in die 1960er Jahre waren Lochkarten das gängige Speichermedium für Computer.
Charles Babbage: Difference Engine und Analytical Engine
Einer der theoretischen Väter des Computers war der britische Mathematiker Charles Babbage. Bereits 1822 entwarf dieser das theoretische Modell für die sogenannte Difference Engine. Dabei handelte es sich um eine mechanische Rechenmaschine, die jedoch nicht programmierbar war. Dennoch spielte sie eine bedeutende Rolle bei der weiteren Entwicklung des Computers. Dieses Modell wurde 1832 erstmals in die Praxis umgesetzt. Danach befasste sich Babbage mit der Entwicklung der Analytical Engine. Den ersten Entwurf hierzu veröffentlichte er 1837. Hierbei handelte es sich in der Theorie um einen programmierbaren Rechner, der die Anforderungen an einen Computer erfüllt.
Der Entwurf war von beachtlichen Ausmaßen: Die Analytical Engine sollte eine Länge von 19 Metern und eine Höhe von 3 Metern aufweisen. Mehr als 55.000 Teile waren dafür vorgesehen. Daraus wird bereits deutlich, wie anspruchsvoll dieses Projekt war. Zwar gelang es Babbage, einzelne Bauteile zu erstellen. Allerdings war er weit davon entfernt, die Analytical Engine fertigzustellen. Dennoch inspirierten seine theoretischen Überlegungen viele spätere Forscher und leisteten dadurch einen wichtigen Beitrag zur Erfindung des Computers.
Ada Lovelace: das erste (theoretische) Computerprogramm
Das erste Computerprogramm wird der britischen Wissenschaftlerin Ada Lovelace zugeschrieben. Dieses ist eng mit der Analytical Engine von Babbage verbunden. Der italienische Mathematiker Luigi Federico Menabrea veröffentlichte 1842 eine umfangreiche Beschreibung zu dieser. Diese übersetzte Lovelace ins Englische. Dabei nahm sie jedoch umfangreiche Anmerkungen vor, die die Länge des eigentlichen Werks sogar deutlich überstiegen. Dabei verfasste sie einen Algorithmus, mit dem man auf der Analytical Engine die Bernoulli-Zahlen hätte berechnen können. Da diese Maschine jedoch nicht erstellt werden konnte, handelt es sich dabei nur in der Theorie um das erste Computerprogramm.
Turing machine und Turing Bombe
Ein weiterer wichtiger Schritt bei der Erfindung des Computers erfolgte im 20. Jahrhundert – mit der Turing machine. Dabei handelt es sich um ein theoretisches Modell für eine abstrakte Maschine. Hierfür entwarf der britische Mathematiker Alan Turing ein Rechenmodell sowie Regeln für die Manipulation der Zeichen. Dieses mathematische Modell erlaubt es, die Algorithmen, die ein Computer ausführt, mathematisch zu berechnen. Allerdings erfolgte hierbei keine praktische Umsetzung. Das ist genau genommen bis heute nicht möglich, da die theoretische Turing machine von einem unbegrenzten Speicher ausgeht. Dennoch stellt sie nach wie vor eine der wesentlichen theoretischen Grundlagen der Informatik dar. Mit ihr verbunden ist der Begriff der Turing-Vollständigkeit. Das bedeutet, dass ein Gerät alle Berechnungen durchführen kann, die in der Turing machine beschrieben sind – abgesehen von der Eigenschaft des unendlichen Speichers.
Viele Informatiker sehen die Turing-Vollständigkeit als das wesentliche Definitionskriterium für einen Computer an. Das hat einen großen Einfluss darauf, welches Gerät man als den ersten Computer der Welt bezeichnen kann – worauf wir später noch eingehen werden. Nach seinen Arbeiten an der Turing machine entwickelte der Mathematiker die sogenannte Turing Bombe. Dabei handelte es sich um eine voll funktionsfähige elektromechanische Maschine zur Entschlüsselung verschlüsselter Nachrichten. Manchmal kommt es hierbei zu Verwechslungen mit der Turing machine. Bei der Turing Bombe handelt es sich jedoch nicht um eine praktische Umsetzung der Turing machine – und damit auch um keinen Computer.
Erster Computer: Zuse Z3 oder ENIAC?
Nun wollen wir uns der zentralen Frage dieses Artikels zuwenden: Wann wurde der erste Computer erfunden und wer war dafür verantwortlich? Hierfür kommen in erster Linie zwei Geräte infrage – die Zuse Z3 des deutschen Erfinders Konrad Zuse und der ENIAC, den John Presper Eckert und John William Mauchly gemeinsam an der Universität von Pennsylvania entwickelten. Diese beiden Geräte stellen wir in den folgenden Abschnitten vor.
Die Z3 von Konrad Zuse
Viele Menschen betrachten die Z3 als den ersten Computer der Welt. Dieses Gerät hat der deutsche Bauingenieur Konrad Zuse 1941 vorgestellt. Hierbei handelte es sich um einen Digitalrechner, der auf der Relaistechnik beruhte. Das Vorgängermodell Z1 war hingegen vollkommen mechanisch und bei der Z2 handelte es sich um ein teilweise elektronisches und teilweise mechanisches Modell. Ohne Zweifel stellte die Z3 den ersten funktionsfähigen Digitalrechner der Welt dar. Sie verfügte über eine Gleitkommaarithmetik, was selbst bei vielen späteren Modellen nicht der Fall war. Außerdem war es möglich, sie mithilfe von Lochkarten zu programmieren. Daher spricht vieles dafür, dass es sich bei der Zuse Z3 um den ersten Computer der Welt handelte.
Dennoch gibt es Stimmen, die dies bezweifeln. Das liegt darin, dass die Z3 keine Turing-Vollständigkeit aufwies. Zuse beachtete dieses theoretische Konstrukt bei seinem Gerät nicht. Es wurde auch niemals versucht, es auf diese Weise anzuwenden. Jahrzehnte nach der Erfindung gelang zwar der Beweis, dass es theoretisch möglich gewesen wäre, die Turing-Vollständigkeit zu erreichen. Forscher, die diesen Aspekt bei der Definition eines Computers in den Mittelpunkt stellen, kommen aber dennoch zu dem Schluss, dass die Z3 nicht der erste Computer der Welt war.
Der ENIAC von John Presper Eckert und John William Mauchly
Wenn man Wert auf die Turing-Vollständigkeit legt, gilt der Electronic Numerical Integrator and Computer (ENIAC) als der erste Computer. Diesen entwickelten John Presper Eckert und John William Mauchly ab 1942 im Auftrag der US-Armee an der Universität von Pennsylvania. Sein Verwendungszweck bestand darin, die Reichweite von Artilleriegeschossen zu berechnen. Die erste Ausführung war 1946 fertiggestellt. Diese war jedoch nur bedingt programmierbar, da hierfür eine Neuverkabelung notwendig war. Die Ausführung aus dem Jahr 1948 war hingegen vollständig programmierbar.
Aus technischer Sicht brachte der ENIAC viele wichtige Neuerungen mit sich. Insbesondere war die Geschwindigkeit der Berechnungen um ein vielfaches höher als bei allen bisher verfügbaren Geräten. Der entscheidende Grund dafür, dass es sich für viele Forscher hierbei um den ersten Computer handelte, besteht jedoch darin, dass dieser als erster elektronischer Universalrechner die Turing-Vollständigkeit umsetzte.
Der erste PC: Computer für einzelne Anwender
Interessant ist auch die Frage, welches der erste PC der Welt war. PC steht für Personal Computer sowie für die Entwicklung vom Großrechner hin zu einem kleinen Gerät für einen einzelnen Anwender. Auch hierbei ist es nicht ganz eindeutig, welches Gerät man als den ersten PC bezeichnen kann. Ein Kandidat hierfür ist der Simon aus dem Jahr 1950. Dieser diente jedoch nur dazu, das Konzept des digitalen Computers im Bildungsbereich zu demonstrieren. Der Simon arbeitete mit 2 Bit und mit einem Speicher von 12 Bit. Diese Werte waren so gering, dass sich daraus kein praktischer Nutzen ergab.
Deshalb spricht viel dafür, den IBM 610 als ersten PC zu bezeichnen. Dieser erschien 1957 und wies ein stolzes Gewicht von etwa 360 kg auf. Trotzdem passte er problemlos in ein einzelnes Büro, weshalb er als Personal Computer gilt. Aufgrund seines enormen Preises entstanden aber nur 180 Exemplare dieses Geräts.
Fazit: Beim Computer handelte es sich um eine allmähliche Entwicklung
Es wurde deutlich, dass es nicht ganz einfach ist, zu bestimmen, welches der erste Computer der Welt war. Das hängt in erster Linie davon ab, wie man dieses Gerät genau definiert. Je nachdem, ob man Wert auf die Turing-Vollständigkeit legt oder nicht, fällt die Wahl hierbei auf die Zuse Z3 oder auf den ENIAC. Es wurde aber auch deutlich, dass der Computer nicht auf einen einzelnen Erfinder zurückzuführen ist. Dabei handelte es sich um einen Prozess, der sich über mehr als ein Jahrhundert hinzog. Unterschiedliche Forscher leisteten dazu theoretische oder praktische Beiträge, bis schließlich der erste voll funktionsfähige Computer entstand.