Posted on Leave a comment

Wie George Boole die Informatik revolutioniert hat. Bedeutende Informatiker. Teil 4

boolescje

Wie George Boole die Informatik revolutioniert hat. Bedeutende Informatiker. Teil 4

In unserer Reihe zu bedeutenden Informatikern befassen wir uns dieses Mal mit George Boole – geboren 1815 in Lincoln, England, gestorben 1864 in Cork, Irland. Dieser Satz wirft sicherlich bei manchem Leser bereits eine Frage auf: Wie kann es sich bei einem Forscher, der im 19. Jahrhundert lebte, um einen bedeutenden Vertreter einer Wissenschaft handeln, die erst im 20. Jahrhundert entstanden ist?

Diese Frage ist nicht ganz unberechtigt. Um genau zu sein, kann man George Boole nicht als Informatiker bezeichnen. Mathematiker, Logiker und Philosoph wären bessere Bezeichnungen. Allerdings stellt das Werk Booles eine der wichtigsten Grundlagen der Informatik dar. Alle modernen elektronisch geschalteten Geräte basieren auf den Erkenntnissen dieses Wissenschaftlers. Daher handelt es sich bei George Boole zwar nicht um einen Informatiker, aber um einen der wichtigsten Wegbereiter der Informatik. Das ist der Grund dafür, dass wir ihn in diese Reihe aufgenommen haben. Dieser Artikel befasst sich mit dem Leben von George Boole und den Auswirkungen, die seine Erkenntnisse auf die Entwicklung der Informatik hatten.

Abbildung: George Boole

Das Leben von George Boole

George Boole kam am 2. November 1815 in Lincoln in der englischen Grafschaft Lincolnshire zur Welt. Seine formale Bildung entsprach sicherlich nicht den Vorstellungen, die die meisten Menschen von einem berühmten Mathematiker haben mögen: Er besuchte lediglich die Grundschule. Der Besuch einer weiterführenden Schule war ihm nicht möglich. Da er jedoch ausgesprochen wissbegierig war, beschloss er – wohl begünstigt durch eine außergewöhnliche Begabung – sich autodidaktisch selbst weiterzubilden. Bereits im jugendlichen Alter lernte er selbstständig Altgriechisch, Deutsch und Französisch. Auf diese Weise erhielt er im Alter von nur 16 Jahren – ohne selbst eine weiterführende Schulbildung erhalten zu haben – eine Anstellung als Hilfslehrer. So konnte er seine Familie, die in bescheidenen Verhältnissen lebte, finanziell unterstützen.

Mit 19 Jahren gründete er bereits eine eigene Schule. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer begann er damit, eigene wissenschaftliche Schriften zu verfassen. Diese zogen bereits einige Aufmerksamkeit auf sich. Das führte dazu, dass er 1848 am Queens College im irischen Cork zum Mathematikprofessor berufen wurde – ohne jemals selbst eine Universität besucht zu haben. Dort lernte er seine Frau Mary Everest kennen, mit der er fünf Töchter hatte. Zwei seiner Töchter brachten es ebenfalls zu einer gewissen Bekanntheit: die Mathematikerin Alicia Boole Stott und die Musikerin und Autorin Ethel Lilian Voynich. Boole starb im Alter von nur 49 Jahren an einer fiebrigen Erkältung.

Java Kompendium 10.00 € Verfügbar In den Warenkorb

Boolesche Algebra: eine wichtige Grundlage der Informatik

Das wichtigste Werk Booles erschien 1847 unter dem Titel The Mathematical Analysis of Logic. Dieses sollte nicht nur sein Leben verändern – da es für die Berufung zum Professor in Cork verantwortlich war. Es sollte auch die Logik als mathematische Disziplin begründen.

Bis zu dieser Zeit war die Logik ausschließlich ein Teilgebiet der Philosophie. Von zentraler Bedeutung war dabei die Aussagenlogik. Diese untersuchte die Struktur der Argumente, um zu bestimmen, ob sie gültig sind. Grundsätzlich kann eine Aussage stets wahr oder falsch sein. Häufig ist es jedoch möglich, diese dann wiederum in Teilaussagen zu zerteilen. Logiker versuchten, anhand des Wahrheitsgehalts der Teilaussagen und der Art, wie sie miteinander verbunden sind, herauszufinden, ob auch die Gesamtaussage zutrifft.

Die Leistung Booles bestand nun darin, dass er diese Überlegungen in formale mathematische Regeln goss. Außerdem setzte er die verschiedenen Verbindungsmöglichkeiten der Teilaussagen mit mathematischen Berechnungen gleich. Das ermöglicht es, logische Aussagen zum Wahrheitsgehalt einer Aussage über eine mathematische Berechnung zu treffen. Diese Vorgehensweise wird als boolesche Algebra bezeichnet.

Die wesentlichen Grundlagen der booleschen Algebra

Eine der Kernaussagen der booleschen Algebra besteht darin, dass der Wahrheitsgehalt einer Aussage wie eine Zahl zu behandeln ist. Der Wert 0 steht dabei für eine unwahre Aussage und der Wert 1 für eine wahre Aussage.

Die Verbindung der einzelnen Teilaussagen erfolgt dann über eine mathematische Operation. Das soll am Beispiel der Verbindung mit UND gezeigt werden. Dabei müssen beide Teilaussagen wahr sein, damit die Gesamtaussage wahr ist. Als Beispiel hierfür können wir den Satz betrachten „Wenn es regnet und ich zu Fuß zur Arbeit gehe, brauche ich einen Regenschirm.“ Die Gesamtaussage „brauche ich einen Regenschirm“ trifft nur dann zu, wenn es regnet und die entsprechende Person zu Fuß zur Arbeit geht. Ist nur einer dieser beiden Aspekte erfüllt, der andere jedoch nicht, ist kein Regenschirm notwendig – und die Gesamtaussage daher nicht erfüllt. Boole erkannte, dass sich dies mathematisch durch eine Multiplikation ausdrücken lässt. Wenn es regnet, die Person aber mit dem Auto zur Arbeit fährt – also nicht zu Fuß geht – würde das dem Rechenausdruck 1 * 0 = 0 entsprechen. Die Gesamtaussage ist daher nicht wahr. Das trifft auch zu, wenn die Sonne scheint und die Person zu Fuß zur Arbeit geht: 0 * 1 = 0. Nur wenn beide Bedingungen erfüllt sind, ist auch die Gesamtaussage wahr: 1 * 1 = 1.

Auch die Verbindung mit ODER lässt sich mathematisch darstellen. Das inklusive ODER, bei dem die Gesamtaussage wahr ist, wenn mindestens eine der beiden Teilaussagen (oder auch beide) wahr sind, lässt sich wie folgt berechnen: x + y – x * y (Wobei x und y die beiden Teilaussagen sind). Das exklusive ODER, bei dem die Gesamtaussage wahr ist, wenn genau eine der beiden Teilaussagen wahr ist, nicht jedoch beide Teilaussagen, lässt sich so berechnen: x + y – 2 * x * y.

Auf diese Weise lassen sich logische Überlegungen nicht nur als Rechenausdrücke fassen. Darüber hinaus ist es bei einer großen Menge an Teilaussagen sehr hilfreich, dass hierbei auch viele weitere mathematische Regeln gelten – wie etwa das Assoziativgesetz, das Kommutativgesetz oder das Distributivgesetz. Das kann die Berechnungen deutlich erleichtern.

Java Kompendium 10.00 € Verfügbar In den Warenkorb

Die Bedeutung der booleschen Algebra für die Informatik

Nun stellt sich noch die Frage, weshalb diese Erkenntnis von so großer Bedeutung für die Informatik war. Wenn Sie bereits etwas Programmieren können, dann kommen Ihnen jetzt sicherlich die booleschen Variablen in den Sinn. Beinahe jede Programmiersprache verfügt über Ausdrücke mit den Bezeichnungen True und False, die Wahrheitswerte symbolisieren. Damit lassen sich die oben dargestellten Berechnungen durchführen. Diese sind für die Programmsteuerung von großer Bedeutung, sodass hierbei bereits der Beitrag von George Boole zur Informatik deutlich wird.

Um zu verstehen, dass es sich hierbei um einen der wichtigsten Wegbereiter der Informatik handelte, ist es jedoch notwendig, sich auf die Ebene der physischen Umsetzung zu begeben – also auf die Ebene der elektronischen Schaltungen. Jedem elektronischen Rechengerät liegt eine elektronische Schaltung zugrunde. Zu Beginn kamen hierfür Röhren und Transistoren zum Einsatz, mittlerweile sind diese Schaltungen auf einem Microchip untergebracht. Die grundlegende Funktionsweise ist dabei jedoch die gleiche geblieben. Hierbei handelt es sich um ein Netzwerk aus zahlreichen Schaltern, die entweder geöffnet oder geschlossen sein können. Sie haben also zwei mögliche Zustände. Das entspricht einer binären Logik – genau wie die Aussagenlogik der booleschen Algebra.

Moderne elektronische Schaltungen verfügen über eine sehr große Menge an einzelnen Schaltern. Das hat zur Folge, dass sehr viele verschiedene Verbindungsmöglichkeiten bestehen. Um eine korrekte Funktionsweise sicherzustellen, ist eine genaue Überprüfung der einzelnen Möglichkeiten von großer Bedeutung. Hierfür kommt die boolesche Algebra zum Einsatz. Ohne diese wäre es wohl kaum möglich, einen Prozessor oder eine andere moderne elektronische Schaltung zu entwerfen.

Fazit: Die Forschungsarbeit Booles war für die Entwicklung der Informatik unverzichtbar

Dass George Boole von großer Bedeutung für die Informatik ist, obwohl er bereits rund ein Jahrhundert vor der Entstehung dieser Wissenschaft gelebt hatte, wird wohl jedem Menschen klar sein, der Programmieren gelernt hat. Boolesche Variablen sind in fast jeder Programmiersprache anzutreffen. Dass die Bedeutung dieses Wissenschaftlers für die Informatik noch wesentlich größer ist, ist jedoch nicht ganz so bekannt. Die Erkenntnisse Booles sind unverzichtbar, um die logischen Strukturen von Prozessoren und anderen elektronischen Schaltungen zu planen und zu verstehen. Daher handelt es sich hierbei ohne Zweifel um einen der wichtigsten Wegbereiter der Informatik.

Bildquelle:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:George_Boole_color.jpg

Ähnliche Produkte

Schreibe einen Kommentar